Liebe Drachenfreunde,
heute bin ich auf der Blumeninsel Madeira auf der Suche nach
einer ganz besonderen Pflanze. Was hat die wohl mit Drachen zu tun? Ganz
einfach: Es handelt sich um den berühmten Drachenbaum! Ein richtiger Baum ist
dieses Gewächs zwar nicht, sondern ein Spargelverwandter. Aber da es rund 20 Meter hoch und mehrere Hundert Jahre alt
werden kann, bleibe ich mal bei dem Begriff Baum. Wissenschaftlich
heißt der Drachenbaum Dracaena, was
so viel heißt wie „weiblicher Drache“. Wenn Ihr meine Bücher kennt, dann
wisst Ihr, dass ich den Begriff Drachin bevorzuge (der Löwe hat schließlich
auch seine Löwin….). Das Wort gibt es zwar nicht offiziell, aber das ist ja das
Schöne an der Sprache. Man kann sie einfach auch ergänzen und erweitern! Wer
diesem außergewöhnlichen Gewächs allerdings den Namen Dracaena gegeben hat, ist
unbekannt. Es gibt im Wesentlichen zwei Theorien dazu. Manche Forscher führen
die Benennung auf die Tatsache zurück, dass dort, wo am Drachenbaum ein Trieb
abgeschlagen wird, ziemlich schnell mehrere neue wachsen – so, wie das
angeblich bei den Köpfen einiger Drachen der Fall sein soll.
Die zweite – und
aus meiner Sicht wahrscheinlichere – These besagt, dass der Baum nach seinem
früheren Hauptprodukt benannt wurde, dem Drachenblut. Wird ein
Drachenbaum verletzt, tritt ein farbloser Saft aus, der unter der Einwirkung
des Luftsauerstoffs zu einem roten Harz wird. Dieses Harz war bei den
Ureinwohnern Madeiras, den sogenannten Guanchen, sehr beliebt für medizinische
Zwecke und zur Mumifizierung der Toten. Die Spanier, die die Insel im
Mittelalter eroberten, erkannten ebenfalls den Wert des Drachenblutes.
Man nutzte es auch in Europa, um Medikamente herzustellen, aber auch für die
rote Farbe in vielen Gemälden. Tropische Harze waren im Mittelalter eine
begehrte Handelsware. Der Weihrauchhandel (und -schmuggel) machte
beispielsweise viele Händler reich. Aber auch das Drachenblut brachte
sein Gewicht in Gold ein.
Im 19. Jahrhundert
nutzte man im großen Stil das rote Harz für Lacke und Polituren. Viele ältere
Geigen verdanken ihre rötliche Färbung dem Drachenblut und auch als
Zusatz zur Zahnpasta setzte man seine keimtötende Wirkung ein. Da die Ernte des
Drachenblutes eine zeitaufwändige Technik erforderte, lohnte sich
die Gewinnung nicht mehr, als natürliche Farben immer mehr durch synthetisch
hergestellte ersetzt wurden. Heute gibt es kaum noch wild wachsende Drachenbäume
auf Madeira. Es gab zwar Überlegungen, den Baum wieder anzusiedeln, aber viele
Flächen wurden dann doch mit schnell wachsendem Eukalyptus bepflanzt, der für
die Papierherstellung nach Europa exportiert wird.
Wir wanderten viele
Kilometer an den Levadas entlang, dem traditionellen Wasserversorgungssystem
der Insel, und bewunderten die üppige Landschaft und viele einheimische und
auch eingeführte Pflanzen. Aber Drachenbäume fanden wir keine. Natürlich gibt
es sie in Vorgärten oder im Botanischen Garten, aber da sind sie meist noch
sehr klein. Längst steht Dracaea auf der Liste der bedrohten Arten. Ob dieses
wunderschöne Gewächs irgendwann auch wieder wild wachsen wird – womöglich sogar
wie früher als Wald?
Bitte schreibt mir,
ob Ihr schon mal einen Drachenbaum in der Natur gesehen habt. Sie kommen in
zwei Arten auch auf den Kanaren und in Teilen Nordafrikas vor. Ich freue mich auf Eure Antworten.
Hier übrigens eine Beobachtung, die gar nichts mit Drachen zu tun hat, die ich Euch aber nicht vorenthalten wollte. Manchmal klappt das mit Katze und Maus eben doch...
Alles Liebe und
immer die Nase im Wind
Eure Ruth Omphalius
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen